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Writing

Annas WeiszHeiten

 
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Anna weisz

Anna Weisz ist eine aufgeweckte Mittvierzigerin, die schon so einiges gesehen und erlebt hat. Mit ihrer einzigartigen Beobachtungsgabe, mit spritzigem Humor, manchmal Sentimentalitäten, aber auch viel Einfühlungsvermögen hat sie nun so manche Begebenheiten, die sie ärgern, freuen, nachdenklich stimmen, zu Papier gebracht. Sie hat in ihre Beobachtungen von Zeit zu Zeit ein paar Tipps eingebaut, die manchmal mit einem Augenzwinkern und manchmal doch ernst gemeint sind.

Nehmen Sie sich Zeit für diese anregenden, niemals langweiligen Anekdoten aus Annas WeiszHeiten und lassen Sie sich entführen in Annas Betrachtungen über das Leben, Alltägliches und Sonstiges.

Zeitgemäß sind Annas Betrachtungen in Blogform verfasst, allerdings hat sie manchmal Gedankenblitze, die zu kurz für einen Blogbeitrag, jedoch teilenswert sind, die sie dann einfach als #thoughts veröffentlicht.

 

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Buenos Aires, Argentinien #Lieblingsorte

Ich hatte im Jahr 2005 – ist schon wieder ein Weilchen her – das unbändige Bedürfnis ans andere Ende der Welt zu reisen. Ich hatte es mir in den Kopf gesetzt und keine zehn Pferde hätten mich davon abbringen können, einen Monat in Argentinien zu verbringen. Das Ziel meines Begehrens war Buenos Aires, das aufgrund seines europäischen Flairs das Paris Lateinamerikas genannt wird. Ich ließ mich von der Arbeit freistellen, packte meine Koffer und setzte mich mit Air Italia über Mailand auf die andere Hälfte der Erdhalbkugel ab. Es war November, ein gar scheußlicher Monat das Wetter betreffend in unseren Breiten, in Argentinien jedoch der Beginn des Sommers, nicht zu heiß, nicht mehr kalt. Ich flog der Sonne entgegen. Und es sollte ein unvergesslicher Aufenthalt werden, der nicht nur mich, sondern auch andere inspirierte. L.L. Barth hat Buenos Aires in ihrem historischen Roman ‚Die Zaubergeigerin’ in den Mittelpunkt ihrer Handlung gestellt.

Als ich aus dem Flugzeug stieg und den argentinischen Boden am Flughafen Buenos Aires-Ezeiza erstmals betrat, überfiel mich eine jubelnde und beängstigende Stimmung gleichzeitig. Ich war am anderen Ende der Welt – ICH WAR AM ANDEREN ENDE DER WELT! 11.803 km lagen zwischen mir und meiner Heimat Wien. Doch je näher ich dem Zentrum von Buenos Aires kam, je kribbeliger wurde ich. Ich war schlichtweg überwältigt – was für ein Anblick. Breite Boulevards mit prächtigen und mächtigen Bauten, die an alte europäische Architekturstile erinnerten. Ich bezog mein kleines Apartment auf der Avenida Corrientes, der 8,6 km langen Hauptdurchgangsstraße, die mit ihren Theatern und Vergnügungsstätten der Broadway von Buenos Aires genannt wird. Dieser bemerkenswerte Verkehrsweg ist eng mit der Geschichte des Tango Argentino verbunden und identitätsstiftend für die Porteños, wie die Einwohner von Buenos Aires bezeichnet werden.

Nachdem ich ausgepackt hatte, hielt mich nichts mehr im Appartement, ich war so neugierig auf diese Stadt. Ich lief die Avenida Corrientes entlang bis zum Obelisk, der zwischen der Prachtstraße Avenida 9 de Julio und dem Plaza de la Républica in den Himmel ragt. Der Obelisk ist eines der meistbesuchten Denkmäler der argentinischen Hauptstadt – ist ja kaum zu übersehen mit seinen 67 Metern. Am Fuße des Obelisk lernte ich dann gleich ein wenig mehr über die argentinische Mentalität, es wurde für demonstriert, lautstark und temperamentvoll, aber immer in bequemen Strandstühlen.

Weiter ging es zum Plaza de Mayo, der rechteckig in einer parkähnlichen Anlage angelegt ist. Hier befindet sich die Kathedrale von Buenos Aires und die Banco de la Nación Argentina, sowie das Rathaus, sozusagen der Hauptplatz von Buenos Aires.

Ich besuchte am Vormittag die Sprachschule, um meine Spanischkenntnisse aufzupolieren, und am Nachmittag und am Wochenende streifte ich durch diese einzigartige Stadt. Mein Ausflug nach Palermo zeigte wieder ein anderes Bild von Buenos Aires. Kleinere Häuser in einem weitläufigen Gebiet mit schicken Cocktailbars und Modegeschäften mit seltsam anmutenden Modekreationen. Zentral liegt der pittoreske Parque Tres de Febrero mit einem herrlichen Rosengarten und ein Rudersee lädt zum Verweilen ein. Ein absolutes Highlight war das Museo Evita, in dem das Leben von Eva Perón dokumentiert ist – ich war fasziniert von ihren Kleidungsstücken und vor allem als Schuhliebhaberin von ihrem eleganten Schuhwerk.

Ich war in Florida, oder genauer gesagt die Calle Florida, eine breite Fußgängerzone, die komplett mit schwarz-weißen Fliesen ausgelegt ist. Von dort kommt man wieder auf die Avenida de Mayo. In einem der vielen Ledergeschäfte habe ich mir einen märchenhaften Ledermantel, aus braunem Rindsleder, auf den Leib schneidern lassen. Ich habe ihn noch immer und er passt auch noch wie angegossen. Dort habe ich dann auch erstmals den berühmten Tango Argentino live erlebt, mitten auf der Straße und mit großer Hingabe hat das Paar den wohl erotischsten Tanz der Welt aufgeführt.

In Los Bosques - den Wäldern – sah ich wieder ein anderes Bild von Buenos Aires. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, eine Stadt mit so vielen unterschiedlichen Gesichtern. Los Bosques ist die grüne Lunge der Metropole, auf 370 Hektar großen Flächen gibt es kleine Wälder und ausgedehnte Spazierwege, wunderbar geeignet für alle Outdoor und sportliche Aktivitäten. Ich verbrachte einen ganzen Samstag in dieser großen und großartigen Oase.

Die nächste Station war Puerto Madero, der neu gestalteter Hafenbezirk. Ich sehe rote Backsteingebäude, Straßenbars und exklusive Steakrestaurants, wo ich mir ein argentinisches Steak gönne Auf der anderen Seite befinden sich elegante Wolkenkratzer für multinationale Unternehmen und hochwertigen Wohnungen.

Ein fabelhafter Tagesausflug führte mich nach Tigre - einer Stadt nördlich von Buenos Aires gelegen. Tigre liegt im riesigen Paranà Delta an der Grenze zu Uruguay an der Mündung des Rio de la Plata. Tigre ist das was man ein Naherholungsgebiet nennt und das von den Porteños an den Wochenenden in Heerscharen aufgesucht wird. Auf den Inseln des Deltas gibt es Clubs, Sportanlagen und Restaurants und einen großen Vergnügungspark, den Parque de la Costa.

Und nun zu zwei Vierteln, die eine gewichtige Rolle in ‚Der Zaubergeigerin‘ von Lele spielen – San Telmo und Belgrano.

San Telmo hat übrigens den Ausschlag für die Grundidee des Buchs gegeben. Der Flohmarkt in einem der ältesten Viertel der Stadt bietet alles, was das Herz eines Antiquitätenfans höher schlagen lässt. Aber hier zeigt sich auch die Geschichte Argentiniens, ein Land, das in den 1920-1940er Jahren ein gefragtes Exilland für Auswanderer war. Hier verweise ich nochmals auf Leles Buch. Ansonst hat San Telmo Kunstgalerien, Bars und natürlich auch die allgegenwärtigen Steakhäuser zu bieten. Die Wandmalereien verleihen dem alten San Telmo ein unkonventionelles Bild. Es hat sich noch viel von der ursprünglichen Architektur bewahrt, mit historischen Villen, gepflasterten Straßen und Innenhöfen mit Springbrunnen.

Belgrano ist anders – ein normales Wohnviertel, wo man es überall finden könnte. Aber das Besondere an diesem Viertel ist, dass es das ‚deutsche‘ Viertel von Buenos Aires ist, hier wird noch das sogenannte Belgranodeutsch gesprochen. Man findet Geschäfte, die Butter, Hausbrot oder Schinken anbieten vermischt mit Worten der spanischen Sprache. Belgrano ist rund um die Avenida Cabildo eine belebte Einkaufsstraße, die für ihre argentinischen Modemarken bekannt ist. Außerdem findet man dort auch das Barrio Chino, also- Chinatown.

Last but not least habe ich einen Tangokurs besucht, unzählige Tango Aufführungen gesehen, und habe meine spärlichen Tangokenntnisse in sogenannten Milongas getestet. Der Besuch einer Milonga ist ein MUSS! Milongas sind informelle Zusammenkünfte, bei denen man einfach Tango tanzen kann, egal wie gut oder schlecht man den Tanz beherrscht. Ich habe mir maßgeschneiderte Tangoschuhe gekauft, auf denen man kaum Laufen, geschweige denn Tanzen kann – aber sie sind einfach edel.

Von meinem Wochenendausflug nach Patagonien und den berühmten Gletscher Perito Moreno Glacier erzähle ich euch in einem der nächsten Blogs.

Ich habe es sehr genossen, diese Reise nochmals, wenn auch nur virtuell, zu erleben und hoffe, ihr habt Lust darauf bekommen, diese einmalige Stadt zu erkunden.

Buenos Aires es ist eine Reise wert!

Ursula Koller